Blonder wirds nicht - (K)ein Friseur-Roman by Ellen Berg

Blonder wirds nicht - (K)ein Friseur-Roman by Ellen Berg

Autor:Ellen Berg [Berg, Ellen]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik, Gegenwartsliteratur
ISBN: 9783746631905
Herausgeber: Aufbau Taschenbuch
veröffentlicht: 2016-08-15T00:00:00+00:00


Kapitel 11

Ein Meer aus Glassplittern, die in der Sonne funkelten. Schreie, Stöhnen, keuchendes Atmen. Kunden, die sich panisch wegduckten, Olgas Schluchzen. Wie gelähmt betrachtete Maja das Werk der Zerstörung. Es sah aus, als sei eine Bombe detoniert. Mitten im Salon lag ein großer rötlicher Ziegelstein, er hatte die größte Fensterscheibe zerschlagen und mit dem zerberstenden Glas auch gleich ein Regal voller Shampooflaschen zum Kippen gebracht, die wild verstreut auf dem Boden lagen.

Der erste klare Gedanke, den Maja fassen konnte, galt Willi. War er sicher im Krankenhaus? Was, wenn sich einer dieser Typen dort hineinschlich unter dem Vorwand, Pralinen oder Blumen abzugeben? Sie erschauerte, als sich ein Arm um sie legte.

»Hey, Süße, ich bin da.«

Der vertraute Duft. Die vertraute Stimme. Aufstöhnend lehnte sie sich an den Mann, der sie verlassen hatte und dennoch zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.

»Ich fürchte, das mit deiner Frisur kannst du knicken«, sagte sie in einer Aufwallung von Galgenhumor, die einzige Alternative zu einem Tränenausbruch.

»Ein eifersüchtiger Liebhaber?«, ging Robin auf ihren spielerisch sarkastischen Ton ein und zeigte auf die Splitter.

»Tut mir leid, dass du es auf diese Weise erfahren musstest. Aber ich bin froh, dass die Heimlichtuerei endlich vorbei ist.«

Zärtlich strich er ihr durchs Haar. In seinen Augen malte sich eine Spur Besorgnis. Eine Spur nur, aber immerhin.

»Spaß beiseite, was hat das zu bedeuten?«

»Ist erste Warnung«, antwortete Olga für Maja. Zitternd richtete sie sich auf, zupfte an dem glänzenden buntgemusterten Seidenstoff, mit dem sie ihren Oberkörper umwickelt hatte, und zog den verrutschten Rock herunter. »Mafia immer geben drei Warnungen.«

»Dann war das schon die zweite«, flüsterte Maja.

Sie sah hinauf zum Kronleuchter. Zum Glück hatte er nichts abbekommen. Dafür war einiges Geschirr zu Bruch gegangen, und der Glaser würde eine saftige Rechnung für die neue Fensterscheibe schreiben. Was sich nicht ersetzen ließ, war das unwiederbringliche Gefühl, im Salon eine sichere Oase des Friedens geschaffen zu haben. Noch nie hatte sich Maja so verwundbar gefühlt. Selbst der Stein, der zu Hause ins Küchenfenster geflogen war, hatte ihr Urvertrauen nicht derart erschüttern können.

»Wir müssen die Polizei rufen«, sagte Viktor, der als faktenorientierter Jurist wie immer den Überblick behielt. »Die Spurensicherung sollte rasch vor Ort sein, um Hinweise auf die Täter zu erhalten.«

»Keine rufen Polizei«, entgegnete Olga resolut.

»Und warum nicht?«

»Du fragen falsche Fragen. Wenn Polizei kommen, alle aus.«

Viktor rückte seine Brille gerade.

»Maja, ich bitte dich inständig – dies ist ein Fall für die Kripo.«

Du hast es Willi versprochen. Er darf nicht gefährdet werden. Diese Typen werden ihn sonst erledigen. Selbstverständlich wusste Maja, dass spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen war, an dem ein Anruf bei der Polizei unumgänglich wurde. Nicht nur sie und Willi waren zur Zielscheibe geworden, noch dazu gefährdete sie Tante Ruth, Olga, Jeremy, ihre Nachbarn, ihre Kunden. So konnte es nicht weitergehen. Heute würde sie mit Willi Klartext reden. Er musste endlich mit der Wahrheit rausrücken – ob es nur um die dreihundert Euro ging oder ob sich noch ganz andere Machenschaften hinter alldem verbargen. So lange würde sie ihr Versprechen halten, die Polizei aus dem Spiel zu lassen.



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